BPDCN ist eine hämatologische Erkrankung mit charakteristischer Hautbeteiligung.
~85–90% der Patienten zeigen Hautläsionen.1–3
~60–90% der Patienten weisen eine systemische Erkrankung auf.2,4
Betroffen sind primär: Haut, Knochenmark, Lymphknoten; sekundär: peripheres Blut, innere Organe und in seltenen Fällen ZNS.2–7
Das Gesamtüberleben betrug historisch nach Diagnose im Mittel (Median) etwa 8 bis 14 Monate.8–9
Eine frühe und korrekte Diagnose ist entscheidend, die Marker-Trias CD123, CD4, CD56 ist charakteristisch.*,2,3,5,10,11
* in Kombination mit anderen Markern (TCL1, TCF4 und CD303 (BDCA2))1,10,11
Die Blastische Plasmazytoide Dendritische Zellneoplasie (BPDCN) ist eine seltene, klinisch aggressive hämatologische Krebserkrankung mit einer schlechten Prognose.8
BPDCN ist heute als eigenständige Neoplasie anerkannt.12
1994 wurden Fälle von BPDCN in der Literatur als „aggressiv verlaufende, kutane Lymphome (CD4+, CD56+) mit schneller Knochenmarks- und ZNS-Beteiligung“ und 1995 als „akute NK-Zell Leukämie (CD4+, CD56+) mit agranulärer Morphologie“ beschrieben.3 2008 gelang es einen Zusammenhang mit plasmazytoiden dendritischen Zellen (pDCs) herzustellen und 2014 wurde gezeigt, dass sich BPDCN aus ruhenden pDCs myeloider Herkunft ableitet.13
Nach mehreren Namensänderungen wurde BPDCN im Jahr 2016 von der Weltgesundheitsbehörde WHO neu klassifiziert und als eigenständige Entität in die Gruppe der myeloischen Neoplasien und akuten Leukämien aufgenommen.1,12,14,15
2001
Blastisches
NK-Zell-
Lymphom14
2005
CD4+, CD56+
hämatoderme
Neoplasie14,15
2008
Einstufung als
Untergruppe der
AML14,15
2016
Klassifizierung
als eigenständige
Neoplasie1,15
BPDCN – Wer sind die Patienten mit BPDCN?
Eine erste retrospektive Übersicht von mehr als 100 BPDCN-Fällen wurde 2005 publiziert.16 „Im Laufe der Jahre sind weitere retrospektive Auswertungen hinzugekommen. Insgesamt ergibt sich das Bild einer hämatologischen Erkrankung mit initialen dermatologischen Symptomen, die überaus unterschiedlich ausfallen können.“17
Aus den Fallsammlungen in der Literatur ergeben sich folgende Patientencharakteristika:
~75 % der Patienten
sind männlich2,8
Meist zwischen 60 und 70
Jahren,
kann auch andere
Altersgruppen betreffen2,8
Unabhängig von
Ethnologie und
Herkunft5
BPDCN zählt mit einer angenommenen Inzidenz von 0,4–0,45/1 Million zu den seltenen Erkrankungen.17
Abschätzungen für Deutschland gehen von < 100 Patienten/Jahr aus.18,19
Die genaue Häufigkeit der BPDCN ist nicht bekannt, da sich die zur Beschreibung der BPDCN verwendete Nomenklatur im Laufe der Jahre weiterentwickelt hat, ebenso wie das Verständnis der zugrunde liegenden Biologie.8
Dermatologische Manifestation:
BPDCN-Läsionen sind in Größe, Form und Farbe variabel.2,20
Bei Patienten mit BPDCN dringen pDCs in die Dermis ein, wo sie proliferieren und zu in Größe, Form und Farbe variablen Hautläsionen führen:21,22
  • 85–90% der Patienten zeigen Hautläsionen.1–3
  • BPDCN kann leicht mit anderen Erkrankungen der Haut verwechselt werden.14,20
  • Epidemiologische Daten zeigen in der Gruppe der primären kutanen Lymphome eine BPDCN-Häufigkeit von 1,0–1,4%.23
Der Begriff „plasmazytoide dendritische Zelle (pDC)“ wurde eingeführt, da sich die Zellen in zwei unterschiedlichen Zuständen befinden können „plasmazytoid“ oder „dendritisch“.24 Im „plasmazytoiden Zustand“ können pDCs große Mengen an Interferon Typ I (INF-I) produzieren, wohingegen sie als differenzierte „dendritische Zellen“ verstärkt MHC-Komplexe und T-Zell Co-Stimulatoren exprimieren. Somit bilden pDCs eine Brücke zwischen dem angeborenen und erworbenen Immunsystem und spielen nachweislich eine Rolle bei der Abwehr von Krankheitserregern und malignen Zellen.22,24
Noduläre Läsionen2,8
Manifestation in verschiedenen Körperarealen, insbesondere am Rumpf, den Gliedmaßen und am Kopf.
Nachdruck mit Genehmigung von Springer Nature: Modern Pathology, Neoplasms derived from plasmacytoid dendritic cells. Facchetti F, © 2016.
Diffuse blutergussartige Flecken2,19,20
Ein oder mehrere blutergussartige Hautflecken an verschiedenen Stellen des Körpers. Die Flecken sind häufig nicht juckender Art.
Nachdruck mit Genehmigung der American Society of Hematology.
 
Disseminierte Läsionen20
Häufung von Knötchen, Papeln und purpurnen, generalisierten Hautflecken.
Dies ist eine elektronische Version des Bildes, das im British Journal of Dermatology, September 2013, im Wiley-Verlag erschienen ist.
Die Dermatologen sind von zentraler Bedeutung für die Diagnose der BPDCN.
Läsionsbiopsien sind entscheidend für die Identifizierung von BPDCN und können Patienten einen entscheidenden Zeitgewinn bieten.25
Historisch gesehen ist die Prognose für BPDCN sehr ungünstig. Eine Verzögerung der Diagnose hat einen negativen Einfluss auf das Gesamtüberleben.
  • Die Marker-Trias CD123, CD4, CD56 ist charakteristisch.*,2,3,5,10,11
  • BPDCN entwickelt sich rasch zu einer aggressiven Leukämie.3,19,22
In diesem zeitkritischen Prozess spielen Dermatologen eine zentrale Rolle, indem sie ungewöhnliche Hautläsionen erkennen, diese umgehend von Pathologen testen lassen und frühzeitig mit den Hämatologen zusammenarbeiten.25
* in Kombination mit anderen Markern (TCL1, TCF4 und CD303 (BDCA2))1,10,11
Biopsie aller ungewöhnlichen Hautläsionen – das kann der Unterschied sein.
Hämatologische Manifestation: ~60 bis 90% der Patienten weisen eine systemische Erkrankung auf.2,4
  • Primär betroffen sind Haut, Knochenmark und Lymphknoten.2,4,6
  • Peripheres Blut, innere Organe und ZNS können ebenso mit malignen Blasten befallen sein.2,3,5,7
  • Aufgrund einer Knochenmarksbeteiligung können Zytopenien auftreten, ebenso wie Lymphadenopathie und Splenomegalie.5
  • 20% der Patienten weisen eine regionale Lymphknotenbeteiligung auf.6
  • Eine ZNS-Beteiligung bei Erstdiagnose einer BDPCN liegt bei ~10% der Patienten zum Zeitpunkt der Diagnose vor und scheint nach einem Rezidiv häufiger aufzutreten (~30%).7
  • Durchflusszytometrie und Immunophänotypisierung können zu einer schnellen und korrekten Diagnose der BPDCN beitragen.26
BPDCN wird nicht immer korrekt diagnostiziert.
Mit zunehmendem Wissen schärft sich das Bild der Erkrankung, wodurch sowohl die Diagnose als auch die Prognose verbessert werden können.
Wegen der Überschneidung der immunphänotypischen Charakteristika verschiedener maligner Erkrankungen ist eine genaue differentialdiagnostische Abklärung unbedingt notwendig.
BPDCN kann verwechselt werden mit6,27–29
  • Akute myeloische Leukämie (AML)
  • Diffus-großzelliges B-Zell-Lymphom (DLBCL)
  • Chronische lymphatische Leukämie (CLL)
  • Peripheres T-Zell-Lymphom
  • Adulte T-Zell-Leukämie (ATLL)
  • Leukaemia cutis
  • Chronische myelomonozytäre Leukämie (CMML)
  • Kutanes T-Zell-Lymphom (CTCL)
Für eine korrekte Diagnose der BPDCN müssen primär kutane Lymphome, ebenso wie hämatologische Neoplasien mit kutaner Manifestation, ausgeschlossen werden.
Es wird angenommen, dass in Lymphom- und AML-Registern nicht korrekt diagnostizierte BPDCN-Fälle enthalten sind:
AML: Geschätzt wird ein BPDCN-Anteil von 0,77% unter den AML-Patienten.17
NHL: Geschätzt wird ein BPDCN-Anteil von 0,27% unter den NHL-Patienten.17
NHL = Non-Hodgkin-Lymphom
Biopsie aller ungewöhnlichen Hautläsionen – das kann der Unterschied sein.
Historisch gesehen ist die Prognose für BPDCN sehr ungünstig.1,3,8,9
Chemotherapie wurde empirisch eingesetzt.5,8
Heute gibt es eine speziell für BPDCN zugelassene Behandlung.
Gesamtüberleben8
  • Das mediane Gesamtüberleben bei BPDCN betrug bisher nach der Diagnose etwa 8 bis 14 Monate.8,9
  • In der Vergangenheit gab es keine Standardtherapie für Patienten mit BPDCN.
  • Häufig wurden Chemotherapieregime eingesetzt, die sich an Behandlungsschemata für AML, ALL oder Lymphome orientierten.9
  • Obwohl viele Patienten zunächst auf eine Chemotherapie ansprechen, kommt es sehr häufig zu einem Rezidiv mit aggressivem Verlauf.2,9
Die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Dermatologen, Pathologen und Hämatologen ist das Fundament für die Diagnose und Therapie der BPDCN.
CD123 ist hier sowohl diagnostischer Marker als auch therapeutisches Target.
Erfahren Sie im Video mehr darüber, warum CD123 bei BPDCN sowohl diagnostischer Marker als auch therapeutisches Target ist.
Literatur
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